Sebastian Seiffert — Bei Klimafolgen kommt mehrerle...

Bei Klimafolgen kommt mehrerlei zusammen. Die Katastrophe im Ahrtal lag nicht -nur- am Starkregen. Das Baumsterben im Harz liegt nicht -nur- an Trockenheit; ebenso wie die jährlichen Waldbrände. ABER: Für die Auffassung macht es einen Unterschied, -wie- dies kommuniziert wird. Dazu ein Thread.
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Die Klimakrise zu kommunizieren ist ungemein schwer; weil sie einfach alle Bereiche durchdringt. Und weil niemand von uns Expertise von all dessen hat. Umso wichtiger ist es, andere Teildisziplinen nicht zu unterschätzen. Etwa die Psychologie. Ich halte sie inzwischen für die wichtigste dabei.
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Sebastian Seiffert

Die Psychologie zeigt auf, wie dankbar unser Hirn verdrängt; und Strohhalme dafür sucht. Darum ist die Aussage „Im Harz ist nicht nur das Klima schuld; auch die Monokultur!“ eine andere als „Im Harz ist nicht nur die Monokultur schuld; auch das Klima!“ Gleiches gilt für Ahrtal, Waldbrände usw.
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Sebastian Seiffert

Ja, als Menschen mit wissenschaftlichem Anspruch sollten wir komplexe Zusammenhänge nicht über-reduzieren oder verzerren. Gleichsam sollten wir uns unserer Verantwortung bewusst sein. Bietet eine Aussage Fluchtwege in die Verdrängung? Dann sie nicht gut! So einfach ist das. Und so kompliziert.
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Sebastian Seiffert

Als Menschen mit wissenschaftlichem Anspruch sollten wir komplexe Zusammenhänge nicht über-reduzieren oder verzerren. Gleichsam sollten wir uns unserer Verantwortung bewusst sein. Bietet eine Aussage Fluchtwege in die Verdrängung? Dann ist sie nicht gut! So einfach ist das. Und so kompliziert. (4/4)

Sebastian Seiffert

Als Menschen mit wissenschaftlichem Anspruch sollten wir komplexe Zusammenhänge nicht über-reduzieren oder verzerren. Gleichsam sollten wir uns unserer Verantwortung bewusst sein. Bietet eine Aussage Fluchtwege in die Verdrängung? Dann ist sie nicht gut! So einfach ist das. Und so kompliziert.
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Sebastian Seiffert

Dazu kommt, dass die Großeltern und Eltern mit ihrem Fehlverhalten das Klima von heute gesteuert haben. Damals wurde entschieden, dass wir leiden sollen. Ob bewusst oder unbewusst - die Folgen sind da. Und unser Fehlverhalten steuert das der Menschen in 50 bis 100 Jahren.

Sebastian Seiffert

Das führt zu Angst, Hilflosigkeit, Ohnmachtsgefühl - und dem Abstreiten, man könne etwas ändern. Durch sofortige Verhaltensänderung tritt kein Erfolgserlebnis ein (Entkopplung). Das zu kommunizieren, erfordert eine immense Überwindung der Verdrängungsleistung, es nur sich selbst gut gehen zu lassen

Jörg Prante

Was als "Freiheit", "Sicherheit", "Frieden" kommuniziert wird, kam und kommt ja bei den Menschen so an, dass sie alles tun sollen, was ihnen selbst inviduell das maximale Wohlergehen und den grössten Komfort garantiert. Man kommuniziert dagegen an, wenn man über Klimawandel sprechen will.

Jörg Prante

Klima ist ein von Trägheit gekennzeichnetes System. Das ist Physik. Keine Generationenfrage. Es ist Zufall, dass die Zeitspanne unserer Generationen bei ca. 50 Jahren liegt und das Klima von jahrzehnte- und jahrhundertelangen Entwicklungen geprägt ist.

Wolfgang Leiendecker

Und ja, die Schuldfrage ist geklärt. Das Treibhausgas ist in der Atmosphäre angereichert worden. Über Jahrzehnte hinweg. Im vollen Bewusstsein spätestens seit Ende der 70er Jahre. Die Klimakatstrophe wurde in Kauf genommen und galt als weniger schlimm als Verlust an Wirtschaftsleistung und Komfort.

Jörg Prante

Was ich mir persönlich vorwerfe, ist die Laschheit und Bequemlichkeit, nicht jeden Tag andere auf die Klimakatastrophe hingewiesen zu haben. Ich wollte nicht als Spinner gelten, als Untergangsprophet. Ich schwamm im Strom mit. Ich nahm den Komfort wahr und profitierte von der Wirtschaftsleistung.

Das_Ruhrgebiet

Hätte ich etwas ändern können? Vielleicht. Und das ist die belastende Erkenntnis. Dieses vielleicht, dieses was wäre gewesen, wenn? Ja, was wäre denn gewesen, hätten wir schon 1990 angefangen, die Energiewende drastisch einzuleiten? Weltweit wohlgemerkt? 2024 wäre ein gemütliches Jahr geworden.

Jörg Prante

Wie Sebastian schreibt:
"Bietet eine Aussage Fluchtwege in die Verdrängung? Dann ist sie nicht gut! So einfach ist das. Und so kompliziert."
Daher bin ich kein Freund von Aussagen zur Suche nach den Schuldigen.
Was wir brauchen sind Aktivitäten heute und in Zukunft. Rückbetrachtung hilft nicht.

Jörg Prante

"...dass wir leiden sollen." impliziert eindeutig Vorsatz, und ich denke nicht, dass das haltbar ist. Es wurde vielleicht billigend in Kauf genommen von einigen, die sich genügend damit befasst haben. Aber ich halte solche Formulierungen nicht für hilfreich, wenn man Positives erreichen will.

Jörg Prante

Natürlich ist es Vorsatz. CO2-Emissionen sind technische Vorgänge, die sind kausal bedingt. Das muss jemand wollen. Und zwar mit Absicht. Kohle, Gas, Öl in der Atmosphäre endzulagern erfordert einen Plan. Da gibt es Technik - vom Abbau bis zur Verarbeitung. Das ist mehr als nur ein kleines Feuer

Marcus Liebmann

Man kann natürlich massenhaften Konsum auslösen, ohne die Menschen zu bilden und über Technik aufzuklären, so dass sie dumm bleiben. Auch das war und ist möglich, ist aber deswegen nicht weniger verbrecherisch. In unserer Gesellschaft ist es nicht möglich, Technikwissen auf Dauer zu unterdrücken.

Jörg Prante

Ich habe überall gelernt, wie CO2 sich anreichert. Ich kann mich nicht freisprechen. Für meinen Teil habe ich auf Automobil, Flugzeuge, auch Bahnfahrten verzichtet und auf effizienten Energieinsatz bei Heizung geachtet. Mir wurde eingeredet, das reiche aus. Ökologischer Lebensstil. Es reicht nicht.

Jörg Prante

Zum Thema "billigend in Kauf nehmen". Das ist eine Kategorie, die bei der Schädigung der Lebensgrundlagen kritisch ist. Ja. Natürlich habe ich all das billigend in Kauf genommen, womit die Atmosphäre belastet wird, obwohl ich wusste, dass das nicht gut geht. Ich habe daran mitgewirkt als Veruracher.

Jörg Prante

Es ist nun mal ein Unterschied, etwas zu verursachen oder zuzuschauen. Nein, ich war nie Zuschauer. Keiner von uns war Zuschauer. Als Heizungsbetreiber, als Verkehrsteilenhmer, da habe ich aktiv mitgewirkt, bei der grossen CO2-Emissionsparty. Wir wurden alle zu Mitwirkenden gemacht.

Jörg Prante

Es geht also um die Entscheidung. Wurde man gezwungen? Lächerlich. Es stand jedem von uns frei, CO2 zu emittieren oder nicht. Die Entscheidungen wurden einem abgenommen, wurden einem leicht gemacht. Ja, man wurde auch belogen. Bis heute geht das so. Mindert das Schuld? Nein.

Jörg Prante

Deswegen mein Wunsch: denkt alle nach und handelt. Streift die Schuld ab. Verachtet die Leute, die euch "H2 ready"-Zeugs aufschwatzen wollen und wo es dann munter weiter geht mit Treibhausgasen. Reduziert eure Verbrennungsmotormobilität auf das absolute Minimum. Schritt für Schritt.

Jörg Prante

An die Techniker:innen: erfindet Technik für Motoren und Heizungen, die keine Treibhausgase emittieren. Wir alle brauchen das. Und zwar massenhaft. Wärmepumpen, Windkraft, Solar. Lasst euch nicht weiter belügen. Hört auf mit Technologieoffenheit. Wir brauchen Zukunftsoffenheit.

Jörg Prante

Denn die schlechte Nachricht ist: so schnell hilft das alles nicht. Es dauert. Man braucht unglaublich viel Zeit, unglaublich viel Kapital, unglaublich viel Ausdauer. Wir sind alle müde und ausgelaugt. Doch irgendwann, in ein paar Jahrzehnten hoffentlich, da sinken dann die CO2 PPM in der Atmosphäre

Jörg Prante

Die meisten Täter:innen waren alle objektiv fähig zur Einsicht in das, was sie getan haben (und weiter tun). Einschliesslich meiner Person. Ich wollte CO2 emittieren, mit allen Konsequenzen. Diese Einsicht war auch zu keinem Zeitpunkt verringert. Daher keine Minderung der Schuld. Volle Verantwortung

Marcus Liebmann

Anfang der 90er war ein Gas-Brennwertkessel die sparsamste Heizung; für unsere hochwertige/teure Wärmedämmung kam der Saarland-Vertreter des Herstellers zum Bau, weil sie noch so neu war. Heute ist das alles viel zu wenig, sagt die Generation, die ständig mit dem neuesten Handy online ist…

Jörg Prante

Ah, ein unschuldiger Boomer, der ja noch nie etwas hätte anders machen können. Und natürlich sind die Handynutzer von heute schuld an der Klimakatastrophe.
Ganz bestimmt.

Was tust du denn so zum CO2 sparen? Ich kaufe lokal ein, fahre seit >4 Jahren elektrisch und hatte eine Wärmepumpe, lange bevor Habeck Wirtschaftsminister wurde 😎

Ich tue eine ganze Menge, muss damit aber nicht unbedingt öffentlich hausieren gehen.
Wenn Du das so wie in Deinem Post geschrieben handhabst, dann ist das doch schon mal ein ziemlich guter Anfang.👍

Hier im Saarland heizten alle Bergleute bis zur Jahrtausendwende mit gratis Deputat-Koks, ganz normal, eine teure Gasheizung konnten sich viele garnicht leisten. Genauso aufwendige Wärmedämmung der alten Bruchsteinhäuser, meist Familienheim über Generationen. War das Vorsatz?

Marcus Liebmann

Genau, das ist eben kein Vorsatz. Ob man etwas tut, obwohl man hätte wissen können, dass es schädlich ist, ist etwas anderes, als etwas zu tun, *um* einen anderen zu schädigen. Ersteres ist höchstens Fahrlässigkeit (wenn man es hätte wissen müssen), letzteres Vorsatz.

Die Schuld auf ältere Normalbürger zu schieben, ist wohlfeil & falsch. Es wurde nicht „entschieden“, dass „wir“ leiden „sollen“. Bei „Limits to Growth“ ging es darum, dass ein Weiterso fatale Folgen haben würde, wenn die „Bevölkerungsexplosion“ und bei steigendem Pro-Kopf-Ressourcenverbrauch anhält.

Jörg Prante

Die Konsumentscheidungen, die dazu am Ende führten, trafen die jüngeren Generationen (Golf ff.) mindestens in gleichem Maß. Der Hedonismus hatte post-1990 weltweit Hochkonjunktur. Plötzlich „brauchte“ jede Familie mehrere Autos. Flugreisen gehörten nun zum Lifestyle. Das waren nicht(nur)die Alten.

Ulf J. Froitzheim

Doppelter Quatsch, bitte um Verzeihung:
1. ging es nicht darum Schuld zuzuschieben, weder älteren Normalos, noch sonst wem.
Hier geht es um eine Ursache-Wirkungs-Beziehung
2. Der behauptete Zusammenhang von Bevölkerungswachstung und Klimakatastrophe ist vielfach belastbar widerlegt (z.B. B.wachstum

Ulf J. Froitzheim

vor allem ärmere Länder, Klimazerstörung v.a. reiche Länder)
Wieso diese Argumentation (und Fehlverstehen Punkt 1) mit fehlender Faktenbasis/-Beschäftigung damit?
Wem nützt das (wofür)?

patfrr

Dass die reicheren Länder mehr Verantwortung tragen als die ärmeren, ist doch völlig unstrittig. Wie siehst du denn die Rolle von China und Indien? In beiden zusammen haben sich inzwischen Menschen in der Größenordnung der EU-Bevölkerung einen materiellen Wohlstand nach westlichem Vorbild erarbeitet

patfrr

Jetzt bin ich nicht ganz sicher, welche der beiden Aussagen nun besser ist. Ist der Teil mit dem Ausrufezeichen stärker (weil mehr betont), oder der Teil ohne, weil er als selbstverständliche Grundannahme gesetzt ist?

Vielleicht würde eine grobe %-Attribution helfen, wenn man valide Daten dazu hat.

Sebastian Seiffert

Der zweite Satz ist besser - aber die Wirkung ist insgesamt gering.
Menschen verdrängen nicht, weil ihnen das angeboten wird, sondern weil sie's "wollen"!
Mainstream-Psychologie wurde im Kapitalismus geboren, hat sich hierin verzettelt, wird nichts ändern und bietet keine wichtige Lösung.

Mihai Alevra

An Waldbränden in Deutschland haben Menschen direkt schuld. Würden Menschen in Wald- und Flur nichts anzünden, wäre es zwar klima- und bewirtschaftungsbedingt trocken, aber es würde nichts brennen. Es muss immer erst angezündet werden, fahrlässig oder vorsätzlich. Glasscherbenbrände gibt es nicht!

Sebastian Seiffert

Mich würde wirklich mal interessieren, wo diese bescheuerte Verengung auf das Zündereignis herkommt. Hat das vielleicht auch mit Verdrängung zu tun? Vielleicht damit, das Unfassbare greifbarer zu machen? Ein Zündfunke scheint beherrschbarer als die Klimakrise, die den Brennstoff liefert. Ist es das?

Heike W (she/her)

Es gibt Regionen mit wiederholten Waldbränden, in denen sich keine Menschen aufhalten.
Es soll so etwas wie "Blitze" geben. Wirklich.
www.waldwissen.net/de/waldwirts...

Zusammenhang zwischen Blitzschlagbränden und Sommertrockenheit

In der Schweiz sind Blitzschlagbrände fast ausschliesslich in gebirgigen Lagen zu verzeichnen, wobei ihre Häufigkeit von Süden nach Norden abnimmt. Anhaltende Sommertrockenheit ist bei Weitem der wich...

www.waldwissen.net

Heike W (she/her)

Ich versuche mich lokal in der Kommunikation auf Darstellung der Vor-/ Nachteile im Klimawandel mit und ohne Umsetzung von Klimaschutz zu beschränken,inklusive Perspektiveröffnung mit Kreativität,Blick auf Gemeinwohl,um Leute emotional/sachlich zu bewegen. Dauert.Aber gibt ja genug Sand in Berlin⏳️✌️

Sebastian Seiffert

Der Borkenkäfer wurde ja selbst nur zum Bösewicht, weil der Mensch Bedingungen schuf, die erst dafür sorgten, das der Borkenkäfer dem Wald schadet.
Eigentlich ist der Käfer ja auch kein Schädling, sondern Teil der natürlichen Selbstreparatur, ...

Sebastian Seiffert

...indem er dem Wald schwache und kranke Bäume entnimmt, damit neue entstehen können.
Aber Monokulturen und ganz besonders der Klimawandel brachten alles aus dem Gleichgewicht und schufen Bedingungen die Einseitig dem Borkenkäfer zugute kommen.

RoboBob

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